Metamorphose
Vergleich zwischen Inspiration und Exponat
1983 – Ost und West rüsten auf. Europa und Deutschland stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Christa Wolf lässt Kassandra fragen: Was macht das Leben würdevoll, wichtig, heiter – umgeben vom Krieg aller Kriege in Troja, von Aufrüstung und Hass?
2024 – Ost und West rüsten auf. Wolfs Frage ist noch immer aktuell; ich finde eine Spur in ihrer Kassandrafigur und gehe ihr nach. Ihre Beobachtungen, ihre Zweifel an den Eigenen, ihre Fragen an die Männer, die Väter, die einander umbringen. So unterschiedlich die Zeiten und Umstände heute sind, so drängend das Nachdenken über die fatalen Folgen des (Nicht)Gelernten.
Eine Reihe an Gemälden entsteht. Die Erzählung ist so dicht gefüllt mit weiteren Fragen, dass sich die Spuren nur schwer überblicken lassen. Doch ein Stichwort, ein Ort wiederholt sich immer wieder:
Der Ida-Berg, ein dritter Ort jenseits der binären Logik des Trojanischen Krieges ist für Kassandra Zuflucht, Trost, Utopie.
„Wenn ich die Augen schließe, sehe ich die Bilder. Den Idaberg in wechselnder Beleuchtung. […] Das war uns die Welt, schöner kann keine Landschaft sein. […] Und unser ungebundnes Dasein, eine neue Freude jeder neue Tag. Bis hierher reichte die Zitadelle nicht. Sie konnten nicht zugleich den Feind und uns bekämpfen. […] Wir lebten selber arm. Wir sangen viel, kann ich mich erinnern. Redeten viel, abends am Feuer in Arisbes Höhle […] Wir hörten nicht auf, zu lernen. […] Es wurde daraus ein Berührungsfest, bei dem wir, wie von selbst, die andere, die anderen berührten und kennenlernten. Wir waren gebrechlich. Da unsre Zeit begrenzt war, konnten wir sie nicht vergeuden mit Nebensachen. Also gingen wir, spielerisch, als wär uns alle Zeit der Welt gegeben, auf die Hauptsache zu, auf uns.“ (S:172)
Idaberg, 160 x 100 cm, Mischtechnik auf Leinwand, Detail
Zur Ausstellung
Im Mai 2024 hat der Arbeitskreis Spandauer Künstler e.V. zur Ausstellung mit dem Titel Metamorphose — Vergleich zwischen Inspiration und Exponat ausgeschrieben. Berliner Kreative waren angehalten, bereits bestehende Werke zu interpretieren und in neue Kunst zu transformieren. Anhand von existierenden Kunstwerden sollten Vergleichswerke mit erkennbar identischer Essenz erschaffen werden. Eine Jury unter Vorsitz von Frau Dr. Carola Brückner wälte unter den Bewerbungen 40 Werke, die vom 18. bis zum 20. Oktober 2024 in den Räumen der Zitadelle Spandau gezeigt werden.